So leben nur die reichen Südafrikaner im Western Cape, oft sind es Weiße aus Europa. (Bild: sr)
So leben nur die reichen Südafrikaner im Western Cape, oft sind es Weiße aus Europa. (Bild: sr)

Vor gut einem Jahr berichtete steuerratschlag.eu über den in einigen Branchen geltenden Mindestlohn in Südafrika, also das „minimum wage“. Die staatliche Agrarwirtschaft bemüht sich beispielsweise um Mindestlöhne, welche aber mit 154,47 Euro im Monat so niedrig sind, dass es zum Sterben zu viel ist, zum Leben zu wenig.

Jetzt teilten immerhin die Parteien des „Nationalen Wirtschafts- und Arbeitsrats“ (Nedlac, beziehungsweise „National Economic Development and Labour Council“) mit, man habe sich mit den Gewerkschaften darauf geeinigt, eine Absichtserklärung zu einem über alle Branchen hinweggeltenden Mindestlohn in Südafrika einzuführen.

Dies sagte der stellvertretende Präsident Cyril Ramaphosa auf einer Pressekonferenz am Mittwoch. An seiner Seite waren Arbeitsministerin Mildred Oliphant sowie der Department of Labor Direktor, General Thobile Lamati.

Geht alles nach Plan, was einige aber bezweifeln, könnte in Südafrika ab 1. Mai 2018 ein flächendeckender Mindestlohn von 20 Rand die Stunde gelten. Umgerechnet wären dies also für Afrika sehr hohe 1,40 Euro. Arbeitsminister Ramaphosa erklärte, das würde das Leben von Millionen Menschen verbessern.

Der neue Mindestlohn würde einem Tageslohn von mindestens 11,20 Euro entsprechen, oder im Falle einer 40 Stundenwoche einem Wochenlohn von 56 Euro. Im Monat könnten Arbeitnehmer dann mit mindestens 224 Euro Euro rechnen.

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Sollte der Lohn kommen, wäre das für Südafrika ein enormer Fortschritt, für Afrika eine Revolution. Derzeit würden über 6,6 Millionen südafrikanische Arbeitnehmer am Kapp, sowie den zahlreichen anderen Provinzen, weniger als 3500 Rand im Monat verdienen, umgerechnet also weniger als 244,68 Euro, rechnet der Arbeitsminister vor.

Mit dieser Darstellung dürfte er aber durchaus Schönfärberei betreiben. Denn die Wirklichkeit sieht noch dunkler aus. Millionen Südafrikaner verdienen in Guesthouses oder im Öffentlichen Dienst von Südafrika, auch als Sekretärinnen, Friseure oder normale Arbeiter, oftmals nur zwischen 125 und 150 Euro monatlich.

Auch wenn die Vereinigung der Gewerkschaften der SA (Fedusa) und der Nationale Gewerkschaftsrat (Nactu) nun das Abkommen über einen offiziell geltenden Mindestlohn unterzeichnet haben, dürften auch sie wissen: Südafrika wäre nicht Südafrika, wenn es dann nicht doch wieder anders kommt, als man dachte und hoffte.

Entsprechend werden schon jetzt Faktoren bekannt, welche Gründe liefern könnten, warum die künftige nationalen Mindestlohnkommission den Mindestlohn permanent wieder senken könnte.

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So sei er abhängig von einer Reihe von Faktoren. Hierzu gehöre die in Südafrika permanente Inflation, aber auch die Produktivität, sowie das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts.

Zudem – und das ist eine echte Belastung für die Reform: Unternehmen, welche behaupten, den nationalen Mindestlohn sich nicht leisten zu können, dürfen um eine Ausnahmeregelung für ein Jahr hoffen.

Da auch in Südafrika Korruption im Öffentlichen Dienst bis hin zur Polizei auf Grund des dort nicht gerate üppig bemessenen Gehaltes Alltag ist, sagen Kritiker voraus: Künftig werden sich Millionen südafrikanischer Arbeitgeber von ihrer Pflicht eines Mindestlohns freikaufen.

Hinzu kommt: Welcher Angestellte in einem Dorf wird es wagen, sich gegen die wenigen Arbeitgeber vor Ort aufzulehnen? Südafrika ist für seine strengen gesellschaftlichen Hierarchien bekannt.

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So drohen Arbeitgeber schon heute damit, sie müssten angesichts einer angeblich überall lauernden fragilen wirtschaftlichen Situation um Betriebsschließungen bangen und bei Einführung eines Mindestlohns Arbeitsplätze streichen.

Argumente, welche einem aus Deutschland bei Einführung des dortigen Mindestlohns bekannt vorkommen.

Am Ende aber mussten zwar in der Tat wohl Tausende Unternehmen in Deutschland, vor allem viele kleinere, ihre Pforten schließen. Doch unterm Strich konnten die Millionen Unternehmen den deutschen Mindestlohn verkraften und Millionen Menschen davon profitieren.

Als nächste große Hürde steht in Südafrika aber nun erst einmal die Gegenzeichnung der Föderation an. Das bedeutet: Die Bundesstaaten müssen einem Mindestlohn noch zustimmen, ebenso die zahlreichen Stämme.

Gut möglich zudem, dass ein angeblicher Mindestlohn in Südafrika das Wahlkampfthema der Zukunft wird. Dabei wäre es nicht das erste Mal auf dem afrikanischen Kontinent, dass Wahlversprechen mindestens so gerne gegeben werden, wie sie gebrochen werden.

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Von Tim

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