Die weltberühmte Insel-Promenade von Binz.
Die weltberühmte Insel-Promenade von Binz.

Wer in Urlaubsregionen in Deutschland steuerlich attraktiv investieren möchte, der könnte auf der schönen und berühmten Ostseeinsel Rügen fündig werden. Dort wird derzeit die größte Ferienanlage der Nationalsozialisten – das fünf Kilometer lange Prora-Gebäude – in Ferienwohnungen und Eigentumsapartments umfunktioniert.

Die gigantische Ferienanlage Prora wurde einst bis 1945 von der nationalsozialistischen Organisation „Kraft durch Freude“ (KdF) betrieben. Prora so lautet aber nicht nur der Gebäudekomplex, sondern ebenfalls der Stadtteil der schönen klassizistischen Rügener Gemeinde Binz. Gut für Anleger ist der für Abschreibungen attraktive Denkmalschutz des Prora-Gebäudes. Er ist auf Rügen pragmatisch genug, als dass in dem in mehrfacher Hinsicht superlativen Prora-Gebäude nicht bis zur letzten Dachzinne alles exakt wie vor 80 Jahren gebaut werden muss. Vielmehr konnten Investoren in die beeindruckende alte Nazi-Ferienanlage den Denkmalschutz auf Rügen überzeugen, dass es den Charakter des Hauses nicht grundlegend verändere, wenn, wie heute für Ferienanlagen unerlässlich, Balkone an die Wohnungen gebaut werden.

Diese Lösung hatte man auch im Alten Messehaus in der Leipziger Innenstadt in der Humboldtstraße gewählt, welches vom Immobilieninvestor Hildebrand & Jürgens in mehr als zwei Jahren von einer alten verfallenden City-Ruine erfolgreich in eine zentrale Anlage für exklusive Eigentumswohnungen umgebaut worden ist. Heute sind alle Wohnungen verkauf und vermietet.

Doch ohne die Möglichkeit des Aufreißens der Außenfassade zur Straßenseite hin, um im alten Leipziger Messehaus nachträglich Balkone für jedes Appartement zu integrieren, wäre es nicht gegangen. Denn kaum ein Wohnungskäufer möchte heute noch hochwertigen Wohnraum ohne einen Balkon kaufen – schon gar nicht im Angesicht der weltweiten Klimaerwärmung.

Doch während in Leipzig der Denkmalschutz darauf Wert legte, dass die Fassade nach außen hin einigermaßen erhalten bleibt, ist der Denkmalschutz in Rügen noch pragmatischer. Denn die Alternative hätte geheißen: Der totale Zerfall der spektakulär großen Ferienanlage „Kraft durch Freude“ der Nationalsozialisten. Seit dem Zusammenbruch der DDR und der deutschen Wiedervereinigung im Jahre 1990 war kaum ein Investor bereit, die Riesen-Anlage Prora, direkt am Meer und Strand gelegen, umgeben von romantischen Wäldern, zu übernehmen. Prora war einfach zu groß. Zu groß für eine letztlich doch kleine Insel wie Rügen.

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Schwung kommt erst in die Sache, seitdem der für Rügen zuständige Denkmalschutz einwilligte, dass eben Balkone an die Fassade des alten KdF-Gebäudes gebaut werden dürfen und zudem vor den Häusern Richtung Meer Outdoor-Swimmungpools. Mit solchen Veränderungen hatte man vorher über Jahre gezaudert. Doch nun sieht man ein:

Welche Familie mietet schon ein Ferienappartement, wenn man nicht einmal auf dem Balkon morgens gemeinsam frühstücken kann oder abends dort noch gemütlich einen Wein trinken kann. Auch die raue Ostsee wird für Feriengäste angenehmer, wenn alternativ beheizbare Außenpools zur Verfügung stehen.

Ferienwohnungen und Hotels in Prora

Derzeit werden die beiden denkmalgeschützten Blöcke I und II des KdF-Seebad Prora zu Ferienwohnungen umgebaut. Ergänzend sollen in Prora Hotels integriert werden und Eigentumswohnungen. Attraktiv für Urlauber sind die Ortschaften Binz und Sassnitz, die in unmittelbarer Nähe des Kraft-durch-Freude-Gebäudes liegen. Berühmt und nicht sehr weit entfernt ist auch der Kreidefelsen, Wahrzeichen von Rügen.

Prora durchlebte eine wechselvolle Geschichte und zwei Diktaturen. Die Nationalsozialisten bauten das Gebäude zwischen 1936 und 1939 an der Prorer Wiek, eine der beeindruckendsten Buchten Rügens. Bis zu 20.000 Menschen sollten nach dem Willen von Adolf Hitler dort zu Ferienglück gelangen. Auch Soldaten sollten sich in der spektakulären Anlage mit ihren Familien von der Kriegsfront erholen. Die DDR machte Prora später zu einem Sperrgebiet und unterhielt hier mit der Sowjetunion eine Kasernenanlage mit mehreren Tausend Soldaten.

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Kai Gardeja, Kurdirektor des Ostseebads Binz, ist erfreut über die neuen umfangreichen Baumaßnahmen auf Prora, belebt dies doch langfristig die gesamte Insel wirtschaftlich. So erklärte er: „Es ist eines der größten touristischen und städtebaulichen Entwicklungsprojekte in Norddeutschland, quasi Binz mal zwei.“

Nach Schätzungen könnten in den nächsten Jahren über 900 Millionen Euro in die Veredlung Proras fließen. Bis 2022 soll der Umbau in Ferienwohnungen, Hotels und Eigentumswohnungen abgeschlossen sein.

Von einer guten Buchungslage für die Hauptsaison spricht derweil Thomas Heinrich, Projektmanager beim Ferienhausanbieter Novasol. Das Unternehmen verkauft und vermietet seit Februar Wohnungen in Fünfsternekategorie für die Prora Solitaire Hotel Apartments & Spa. In einem Verkaufsprospekt an Anleger prognostiziert das Immobilien-Unternehmen anhand von Beispielrechnungen, über welche Einnahmen durch Feriengäste ein Investor in Prora verfügen könnte.

Geschätzte Einnahmen bis 26.248 Euro mit Ferienappartements auf Prora

Läuft alles nach Plan, verspricht der Immobilienanbieter Prora Solitaire Hotel Apartments & Spa in seiner Prognose, könne man mit dem Ferienappartement „Prince, Princess“ (41 bis 44 Quadratmeter) circa 13.174 Euro jährlich einnehmen. Die Capt’N-Suite mit 121 Quadratmetern könne es auf Jahreseinnahmen von 26.248 Euro bringen, während die Master-Suite mit 91 Quadratmetern jährlich durch Feriengäste stolze 25.043 Euro umsetzen könne.

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Doch wer schon einmal auf Rügen investierte, weiß auch: Das Geschäft schwankt und ist stark vom Wetter abhängig. Bernd, der schon vor gut 15 Jahren in eine Ferienanlage im wunderbaren Rügener Ort Sassnitz investierte, ist aber zufrieden:

„Unterm Strich hat sich das Investment für uns in eine Ferienwohnung auf Rügen gelohnt“, sagt der Kaufmann. Mittlerweile musste er auf Grund der hohen Nutzungsquote durch Feriengäste sogar wieder reinvestieren: Denn die Möbel in der Ferienanlage sind von der Besitzer-Gemeinschaft als in die Jahre deklariert worden. Was heißt: Jeder Ferienwohnungsbesitzer musste rund 2000 Euro zuschießen, damit neue Möbel angeschafft werden konnten.

Einer der Protagonisten beim Umbau der bekannten alten Nazi-Ferienanlage „Kraft durch Freude“ verfügt selber über einen berühmten Namen: Es ist der Berliner Ulrich Busch, Sohn des Arbeiterbarden und Schauspielers Ernst Busch. Nach dessen Vater wird auch heute noch eine der besten deutschen Schauspielschulen benannt: Die Ernst Busch Schauspielschule in Berlin. Sie galt zu DDR-Zeiten als heiliger Gral der Schauspielkunst und ist es auch heute noch.

Sylt des Ostens ist Rügen schon heute

Ulrich Busch hatte vor zehn Jahren, 2006, mit einem Partner für damals überschaubare 450.000 Euro Block 1 und 2 von Prora gekauft. Im Kaufpaket waren auch 36 Hektar Grund und Boden. Busch, der mittels historischer Fotos den Denkmalschutz überzeugen konnte, mehr Mut beim Umbau zu haben, spricht heute davon, dass man nun die Geschichte weiterführe.

Das scheint zu stimmen. Denn bislang sollen bereits 700 Wohnungen in Prora verkauft worden sein – auch mit Unterstützung durch den Binzer Stadtrat. Denn dieser steht hinter dem Projekt und fördert es administrativ und ist natürlich bestens mit dem Nazi-Bau bekannt. Das mag unter anderem daran liegen, dass seit nunmehr 36 Jahren der linke Stadtrat Karl-Heinz Olschewski, 73, selber im Prora-Gebäude wohnt und den zunehmenden Zerfall des historischen Gebäudekomplexes über Jahre miterlebte.

Olschewski spricht heute von einer „Goldgräberstimmung“ und davon, dass er „ein ernsthafter Verfechter“ sei, dass auf Prora nun endlich „etwas passiert“. Er wolle aber nicht, dass „nur das Luxussegmet bedient“ werde. Vielmehr müsse der „schlimmsten Wildwuchs“ verhindert werden. Doch ob es Rügen nun will, oder nicht: Als Sylt des Ostens wird die Insel nicht ganz zu unrecht bereits genannt.

Das mag auch daran liegen, dass selbst ein solch bekannter Sylter Gastronom wie Gosch da ist und zwar mit seinem „Gosch Sylt im Strandschloss Binz“. In unmittelbarer Nähe ist zudem das „Bootshaus Binz“, welches ebenfalls für seine Fischgerichte auf Rügen zu empfehlen ist.

Wer sich mit der Geschichte des Prora-Gebäudes näher auseinandersetzen möchte, der sollte einmal das sehenswerte kleine „KulturKunststatt Prora: NVA-Museum“ ansehen.

Das Museum Prora zeigt die Geschichte des Gebäudes von den Nationalsozialisten in den 1930er Jahren bis zur DDR

Das „KulturKunststatt Prora: NVA-Museum“  zeigt auf 1500 Quadratmetern die Nutzung des Prora-Gebäudekomplexes für Ferienzwecke, aber auch militärische Zwecke in den Jahren 1942 bis 1992. Das von den Nationalsozialisten ab 1933 geplante und erbaute „KdF-Seebad Prora“ wird auf einer 18 Meter langen Modellanlage bildlich präsentiert. Außerdem können sich Museumsbesucher in einem Dokumentarfilm sowie in einer einzigartigen farbigen Zeitzeugendokumentation die Planungs- und Rohbauphase von Prora während der Jahre 1933 bis Kriegsende 1945 anschauen.

Zu besichtigen gibt es zudem ein original wiederaufgebautes „Kraft durch Freude“-Urlauberzimmer „Baugilde 1936“, ebenso ein geplantes KdF-Großschiff in Form eines Modellbaus. Denn schon vor 80 Jahren wollten die Nazis, dass sich die Deutschen auf exklusiven Seefahrten erholen würden können – sicherlich auch von den psychischen und physischen Belastungen der östlichen und westlichen Kriegsfronten.

Bestandteil des Prora-Museums ist zudem eine Ausstellung zur 16. Kompanie der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR. Sie war in den Jahren 1952 bis 1992 in Prora unter anderem mit Fallschirmjägern stationiert. Die 16. DDR-Kompanie hieß sicherlich nicht zufällig so. Gab es doch zuvor bereits die bekannte 16. Infanterie-Division der Deutschen Wehrmacht. Sie war von den Nationalsozialisten schon kurz nach Hitlers Machtergreifung am 1. Oktober 1934 ins Leben gerufen worden – damals noch unter dem Decknamen „Kommandant von Münster“.

Ebenso in Prora ansässig war zu DDR-Zeiten die NVA-Offiziershochschule „Otto Winzer“ (OHS), über welche das Prora-Museum ebenfalls historisches Zeugnis ablegt. Nostalgisch mag der eine oder andere Museumsbesucher beim Anblick eines NVA-Urlauberzimmers im DDR-Erholungsheim „Walter Ulbricht“ werden.

Insgesamt stehen im KulturKunststatt Prora Museum 40 original rekonstruierte Räume den Besuchern zur Verfügung.

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