Vor allem Deutschlands Mittelstand ist erheblich von der allgemeinen Konjunktur in Deutschland abhängig. Dies macht die Bewertung von Unternehmen im Erbfall schwierig.
Vor allem Deutschlands Mittelstand ist erheblich von der allgemeinen Konjunktur in Deutschland abhängig. Dies macht die Bewertung von Unternehmen im Erbfall schwierig.

Noch sind die Konturen der neuen Erbschaftssteuer für Unternehmenserben in Deutschland nicht ganz klar. Durchgesickert ist bislang: Die Bewertung von Unternehmen, welche vererbt werden, basiert wie bisher wesentlich auf dem Gewinn. Dieser soll mit 13,75 multipliziert werden und als Steuergrundlage gelten, was etwas niedriger ist als bislang.

Vor allem für Großunternehmen bedeutet die alte wie neue Erbschaftssteuer schnell hohe Beträge. So sind Jahresgewinne von 50 bis 400 Millionen Euro für Unternehmen mit 2000 bis 8000 Arbeitsplätzen keine Seltenheit.

Ein Faktor 13,75 würde bei einem Gewinn von 400 Millionen Euro im Jahr bedeuten, dass eine Unternehmens-Bewertung von 5,5 Milliarden Euro gesehen würde und als Grundlage für die zu zahlende Steuer genommen würde. Läge der Jahresgewinn bei 40 Millionen Euro, würde die Bewertung bei 687,5 Millionen Euro liegen.

Problem: Gewinne können in einem relativ langen Zeitraum von fast 15 Jahren stark schwanken. Dies liegt unter anderem daran, dass die weltweite Digitaltechnik amerikanisch dominiert ist und deutsche Unternehmen in immer mehr Wirtschaftsbereichen massiv unter Druck geraten.

Beispiel E-Commerce: Hier besteht für die rund 100.000 nennenswerten deutschen E-Commerce-Unternehmen eine gut 95-prozentige Abhängigkeit von Google und Amazon.

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Weiteres Beispiel: Dank Tesla, Google, Uber oder Apple gerät auch die deutsche Automobilindustrie zunehmend unter Druck. Denn all diese US-Megakonzerne basteln derzeit an Elektroautos und selbstfahrenden Autos. Dabei steht nirgends geschrieben, dass die deutschen Automobilmarken auch noch in 50 Jahren jene Stahlkraft haben, die sie die vergangenen Jahrzehnte auf die Wage bringen konnten.

Doch Gewinne verändern sich nicht nur auf Grund der sich permanent verändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, sondern ebenso dadurch, dass Unternehmer selbst festlegen können: Entnehme ich Gewinne, bilde ich Rücklagen, investiere ich in neue Technologien, Arbeitsplätze oder in Übernahmen?

Als weiterer Eckpunkt der Erbschaftssteuerreform gilt künftig, dass Luxusgüter nicht mehr aufs Unternehmen überschrieben werden dürfen, um sie steuerlich zu begünstigen. Dazu zählen Oldtimer, Bilder und Yachten. Ein seltener Oldtimer kann schon einmal mehrere Millionen Euro kosten, wie beim Streit der ALDI-Erben mitzubekommen war.

Neu ist zudem: Ein junger Erbe, der von seinem Vater oder Mutter ein Unternehmen vermacht bekommt, muss künftig in sieben, statt in zehn Jahren seine Steuerschuld zurückbezahlen. Die Stundung gilt aber nur dann, wenn eine bestimmte Garantie zum Erhalt von Arbeitsplätzen abgegeben wird.

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Zufrieden dürften die Erben sein, dass ihre Steuerschuld wenigstens ein Jahr zinsfrei bleibt – ursprünglich war jedoch ein längerer Zeitraum geplant.

Neu ist außerdem: Möchten Familienunternehmer einen steuerlich günstigeren Erbschaftssteuersatz in Anspruch nehmen, müssen sie belegen, dass sie maximal 37,5 Prozent des Gewinns jährlich privat entnehmen, sich also ausschütten.

Wie die neue Erbschaftssteuer sich auf Unternehmen in Deutschland auswirkt – sowohl auf den Mittelstand, wie Großkonzerne, welche noch zu erheblichen Anteilen in den Händen der Gründerfamilien sind -, ist nicht klar.

Man fürchte, der wirtschaftliche Motor könne in Deutschland ins Stottern geraten, warnt jedenfalls Lutz Goebel, Präsident des Verbandes Familienunternehmen. Heißt: die Erbschaftssteuer sei möglicherweise für zahlreiche Erben schlicht nicht zu stemmen, was Unternehmen in Abgründe reißen könne oder zu Übernahmekandidaten beispielsweise aus Fernost mache. Schon heute gilt China als einer der größte Einkäufer von Unternehmen in Deutschland, der Schweiz oder in Österreich.

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Als zu schwach nennt wiederum der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB die neue Erbschaftssteuer.

Es würden „unverhältnismäßig Steuerprivilegien“ fortgeführt. Dies erklärte beispielsweise Stefan Körzell, Vorstandsmitglied beim DGB. Zudem sagte der DGB-Mann: „Der Trend, dass sich Superreiche immer weiter aus der Finanzierung des Gemeinwesens zurückziehen, bleibt ungebrochen.“

Körzell ist beim DGB für die Gebiete Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik, Struktur-, Industrie und Dienst­leistungs­politik sowie Handwerkspolitik zuständig.

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Von Elke

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