Viele sehen das sozialistisch-diktatorische China als die künftige Supermacht, welche die USA als mächtigste Nation der Welt ablösen wird. Gelingt China die Führungsrolle, und vieles spricht dafür, bedeutet dies: Es bricht das chinesische Zeitalter an. Gut möglich, dass dann sogar selbst der US-Dollar, welcher 1945 im US-Walddorf Bretton Woods als Leitwährung der Welt festgelegt wurde, auch diese Führungsrolle verliert.

Doch der Weg zur Nummer 1 ist selten geradlinig und häufig vom Agieren im Graubereich gepflastert. Das ist in der Politik nicht viel anders als in der Wirtschaft. Gerade chinesische Firmen und Händler, die in Europa Geschäfte machen, genießen nicht den besten Ruf:

Diebstahl von Know-how, Betrug, Hinterlist. Das verbinden viele westliche Geschäftspartner mit chinesischen Geschäftspartnern.

Dieser Ruf wird nun einmal mehr dadurch bestärkt, dass das Finanzamt Neukölln nach Jahren des Zögerns gegen chinesische Händler vorgeht, die beispielsweise im Amazon Marketplace ihre Waren verkaufen.

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So beschlagnahmte das deutsche Finanzamt Amazon-Waren chinesischer Händler in Millionenhöhe. Grund: Verdacht auf systematische jahrelange Steuerhinterziehung. Das bedeutet:

Die Ware sollen die chinesischen Händler primär über den Amazon Marketplace günstiger angeboten haben, als Konkurrenten beispielsweise aus Deutschland. Möglich sei dies gewesen, da sie die 19% Mehrwertsteuer nicht auf den Produktnettopreis draufgeschlagen haben sollen und deshalb auch nicht ausgewiesen haben sollen.

Nur Amazon Marketplace oder auch Amazon selber?

Ob es sich um Waren chinesischer Hersteller und Produzenten nur des „Amazon Marketplaces“ handelt oder auch um Waren, die unter dem Label Amazon direkt verkauft werden, ist nicht klar.

Außerhalb des Amazon Marketplaces lässt sich Amazon nämlich über Zehntausende Lieferanten direkt beliefern und verkauft die Produkte dann unter dem Label Amazon selber. Nach außen hin treten die Händler dann kaum in Erscheinung.

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Zum untersuchten möglichen Millionen-Steuerbetrug chinesischer Amazon-Händler schreibt wortfilter.de, ein gut informierter Blog rund um die Amazon-Szene: [1]

„Aus China kam die Nachricht, dass am Donnerstag, den 28. Dezember 2017, viele große chinesische Händler auf Amazon.de suspendiert worden seien. Sie erhielten eine Nachricht von Amazon, die darauf hindeutet, dass das deutsche Finanzamt die illegal auf Amazon handelnden Drittland-Händler im Visier hat. Die Händler wurden suspendiert, ihr FBA-Lagerbestand und ihr Amazon Payments-Guthaben wurden beschlagnahmt.“

Weiter berichtet Wortfilter von regelrechter Panik unter chinesischen Händlern, deren Existenz davon abhängt, in Europa, vor allem in Kernländern wie Deutschland, Waren über Amazon verkaufen zu können:

„Unter den großen chinesischen Amazon-Händlern herrscht jetzt große Unruhe. Millionen FBA-Lagerbestände und Guthaben bei Amazon wurden vom deutschen Finanzamt beschlagnahmt und die Händler-Accounts sind suspendiert worden.“

Zudem führt Wortfilter aus: „Mein chinesischer Informationsgeber sprach von Panik, die unter den dortigen Händlern herrscht: ‚Das Thema ist seit gestern im CN Verkäufer Kreis explodiert. Fast nur größere Verkäufer waren betroffen. […] Es wurden größere Verkäufer mit Haus Nr. FBA Lagerbestand 2 -3 Mio. Euro gesperrt und erzeugt daher Panik in Seller-Kreis‘, so die original Nachricht, die ich erhalten habe.“

Bislang, heißt es, gehe das Finanzamt Berlin Neukölln, wo die Amazon-Ermittlungen zentral zusammenlaufen, davon aus, dass chinesische Händler, die über Amazon Germany Waren verkaufen, Steuern in Höhe von gut einer Milliarde Euro jährlich hinterzogen haben könnten. [2]

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Die schiere Höhe der möglichen Steuerhinterziehung lässt darauf hindeuten, dass es sich um Warenverkäufe handeln muss, die ebenfalls mehrere Milliarden Euro umfassen könnten.

Riese Amazon unter erheblichem Druck

Das bringt natürlich Amazon selber unter erheblichen Druck: Der Riese versucht sich aber noch wegzuducken und sagte, er habe angeblich von dem Steuerhinterziehungs-Verdacht nichts gewusst und sei angeblich auch deshalb nicht dagegen vorgegangen. [2f]

Dem stehen aber Aussagen auf Fachportalen von deutschen Händlern entgegen, die genau das Gegenteil behaupten:

Dass man Amazon Germany und die Finanzämter seit Jahren in ausführlichsten Briefen und Mails auf den vermeintlichen möglichen milliardenschweren Händler-Steuerbetrag aus China aufmerksam gemacht habe. Nur habe bis jetzt kaum einer gehandelt, da die Materie eben so schwierig zu durchschauen sei und einen Haufen Arbeit bedeute.

Während deutsche Massenmedien derzeit so tun, als hätten als erstes chinesische Medien über den Amazon-Händlerskandal berichtet [2ff], scheint aber Fakt zu sein:

Zumindest in Deutschland scheint der Händler-Blog Wortfilter als erstes über die Beschlagnahmungen berichtet zu haben und zwar schon am 1. Januar 2018. Die Schlagzeile lautete: „Amazon: Finanzamt beschlagnahmt Lager und Guthaben großer China-Händler“. [1f]

Im Amazon-Verkäuferforum machen sich deutsche Händler Luft

Im Verkäufer-Forum von Amazon, auf sellercentral.amazon.de/forums/, gibt es angesichts der deftigen Amazon-Meldungen hitzige Debatten. So schreibt beispielsweise einer Händler: „Die China-Bombe ist geplatzt. Wird jetzt richtig aufgeräumt?“. [3]

Dass das Finanzamt Berlin Neukölln gegen den vermeintlichen millionenschweren Steuerbetrug rund um chinesische Amazon-Händler und Amazon-Geschäftspartner nun vorgeht, liegt daran, dass sich alle chinesischen Händler, die in Deutschland über Amazon Waren verkaufen möchten, bei diesem Berliner Finanzamt registrieren müssen. [2f]

Auf Amazon Deutschland sollen sich derzeit rund 6000 chinesische Händler tummeln, aber nur 432 seien aus China oder Hongkong im Finanzamt Berlin Neukölln registriert. [2ff]

Doch selbst die registrierten Händler bedeuten noch nicht, dass sie tatsächlich ihre Umsatzsteuer an den Staat abführen, beziehungsweise überhaupt erheben. Derzeit heißt es, wonach 90 Prozent der chinesischen Händler, welche auf Amazon gelistet sind und in Deutschland Waren verkaufen, keine Umsatzsteuer-Nummer vorweisen können.

Warum kontrolliert Amazon nicht selber?

Womit sich die Frage stellt: Warum kontrolliert Amazon das nicht?

Derzeit sollen immerhin neun Finanzbeamte versuchen, sich in regelrechter Detekteiarbeit durch den möglicherweise milliardenschweren Steuerbetrug rund um chinesische Amazon-Händler zu wühlen. [2ff]

Ob Amazon bei der Sache nur mit einem blauen Auge oder möglicherweise selber mit einem Strafverfahren rechnen muss, ist noch nicht klar.

Während Amazon darauf verweisen soll, die Händler müssten die Umsatzsteuer selber abführen, sagen andere: So einfach ist es nicht. Denn die Plattform, über welche die Produkte verkauft werden, sei nun mal Amazon. Und Amazon verdiene ja an jedem Verkauf über ständig steigende Provisionen kräftig mit. Ein Geschäftsmodell das den amerikanischen Amazon Gründer Jeff Bezos immerhin zum reichsten Mann auf dem Planeten gemacht hat.

Künftig wird Amazon sich aber so oder so nicht mehr einfach herauswinden können:

„Plattformbetreiber müssen mit in die steuerliche Haftung“, wird der Vorsitzende der deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, zitiert. [2ff]

Amazon soll künftig steuerlich wie ein Verkäufer in der EU bewertet werden

Zudem wollten die EU-Länderfinanzminister in diesem Frühjahr ein Gesetz vorschlagen, welches vorsehe, Portale wie Amazon.de in die Haftung zu nehmen.

Auch soll die Regelung bezüglich der Höhe, ab wann Umsatzsteuer zu bezahlen ist, neu verfasst werden. Bislang war nämlich der Import von Waren mit einem Wert von bis zu 22 Euro in die EU umsatzsteuerfrei.

Doch werde diese Freigrenze oft ausgenutzt, indem ein niedrigerer Warenwert deklariert werde, schreibt sueddeutsch.de.

Dies sei einer der Gründe, weshalb die EU-Finanzminister beschlossen hätten, 2021 diesen Schwellenwert zu kippen. Zudem sollten Plattformbetreiber, also vor allem Amazon, selbst wie ein Verkäufer rechtlich bewertet werden.

Ärger über das deutsche Finanzamt Berlin Neukölln das jahrelang wegschaute

Vielen gehen die Aktionen des deutschen Finanzamts Berlin Neukölln aber nicht weit genug. Auf Wortfilter macht ein Kommentator seinem Ärger Luft:

So sei es bislang „vermutlich von oben nicht erwünscht gewesen“, gegen den vermeintlichen umfangreichen systematischen Steuerbetrug aus China auf Amazon „mal effektiv durchzugreifen“. Dies gelte auch für Händler aus China, die auf eBay verkauften. [1ff]

Weiter schreibt der Kommentator auf Wortfilter:

„Wenn von… nun artig mitgeteilt wird, dass man Hinweisen zu Steuerhinterziehung nachgehe, dann ist das schlichtweg gelogen. Solange nicht der Zoll oder eine andere Behörde bei denen vor der Tür steht, machen die gar nichts. Egal wie offensichtlich der Verkäufer betrügt. Ich habe ernsthaft überlegt, Amazon wettbewerbsrechtlich deswegen abmahnen zu lassen, denn im Grunde hilft jeder Billig-Chinese der Plattform sich weiter zu verbreiten und damit letztlich auch seine eigenen Produkte besser zu verkaufen. Aber die deutschen Gerichte dürften sich für kleine Händler kaum erwärmen.

Ebenso ist es auch nicht nachzuvollziehen, dass ausgerechnet das Finanzamt Neukölln im tiefsten links-grünen Sumpf von Berlin für die Kontrolle im aller Ausland ansässiger Unternehmen mit Umsatzsteuer relevanten Erlösen in Deutschland verantwortlich ist. Mit weniger als 10 Leuten ausgestattet muss man schon von politischen Vorsatz ausgehen.“

Amazon setzte 2016 insgesamt 136 Mrd. US-Dollar um und soll 541.900 Mitarbeiter im Jahr 2017 beschäftigt haben.[4] Ob es sich dabei um Ganztagsstellen, Halbtagsstellen oder auch um freie Mitarbeiter handelt, ist nicht klar.

Einzelnachweise

(1) Amazon: Finanzamt beschlagnahmt Lager und Guthaben großer China-Händler, von Mark Steier, auf: wortfiter.de vom 1. Januar 2018. Abgerufen am 5. Januar 2018.

(2) Steuerbetrug? Finanzamt geht gegen chinesische Amazon-Händler vor, von Cerstin Gammelin, Christoph Giesen und Michael Kläsgen, auf: süddeutsch.de vom 5. Januar 2018.

(3) Diskussion: Die China-Bombe ist geplatzt. Wird jetzt richtig aufgeraeumt?, auf: Amazon Services Europa, sellercentral.amazon.de/forums.

(4) Amazon.com, in: Wikipedia.

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Von Elke

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