Kommentar – Der Bitcoin steht am Scheideweg: Haben wir es mit einer wirklichen virtuellen Währung zu tun oder mit einer Art kenianischem Dollar, dessen Kursschwankungen so extrem sind, dass zumindest diese Art von Kryptowährung als ernstzunehmende Währung für den Wareneinkauf und Warenverkauf nicht taugt?

Fakt ist: Würde man derzeit mit Bitcoins einkaufen wollen, hieße das, das im Westen gekannte und geschätzte System einer stabilen Währung, die maximal bis zu 2 Prozent im Jahr nach oben oder unten durch Inflation ausschlägt, über Bord werfen zu müssen.

Dazu gehört, dass bei jedem Kauf wie auf einem orientalischen Markt Verkäufer und Käufer bereit sein müssten, sich auf einen gemeinsamen Verkaufspreis zu einigen, der aber nur zu einem bestimmten Tag, einer bestimmten Stunde, einer bestimmten Sekunde gilt.

Beispiel: Ein Auto wird für einen Bitcoin am Tag x angeboten. Dieser eine Bitcoin wäre vor einem Jahr noch unter 5000 Euro wert gewesen. Im Dezember wäre er aber schon 20.000 Euro wert gewesen und nur wenige Wochen später nur noch rund 14.000 bis 15.000 Euro.

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Das zeigt: Eine stabile Preispolitik kann man mit einem solchen Verschnitt eines kenianischen Dollars sicherlich nicht machen. Die Preisauszeichnung wäre also selber ein ständig flexibles Gut, das permanent ausschließlich durch Nachfrage und Angebot nach diesem Gut entstehen würde.

Nicht dass das nicht möglich wäre: Die Ticketverkäufe von Fluglinien machen es Tag für Tag vor. Eine Airline wie Lufthansa hat in einer durchschnittlichen Maschine leicht über 70 Preisklassen. Diese Preise sind wie Aktienpreise ständig volatil und schlagen nach unten oder oben aus.

Der Reisende muss sich dann eben entscheiden: Kaufe ich das Flugticket nach London für 200 Euro oder warte ich nochmal vier Tage ab, ob es dann billiger wird.

Ein Auto kaufen mit einem Bitcoin?

Dennoch sind selbst Reisepreise bei Flugtickets stabiler, als es derzeit die Performance von Bitcoins zeigt.

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Das liegt primär an der inneren Schwäche von Kryptos des Schlages Bitcoins. Diese Schwäche liegt darin, dass diese Art von virtueller Währung keine Stabilität durch Staaten erhält, was von Anfang nicht gewollt war.

Denn ein Staat geht anders vor als ein Privatinvestor: Ein Staat, der seine Währung stabil halten möchte, hat dafür eine Bundesbank oder eine sonstige Notenbank.

Der Job der Tausenden Mitarbeiter dort ist nichts anderes, als Sekunde für Sekunde durch künstliche Nachfrage oder Verknappung von Geld dafür zu sorgen, dass der Euro, der Dollar, zumindest einigermaßen stabil bleibt.

Eine solche Bundesbank oder sonstige Notenbank gibt es aber bei Bitcoin & Co derzeit nicht. Das bedeutet: Wir haben es mit einer Währung zu tun, die sich ernsthaft die Frage stellen muss, ob sie wirklich als Zahlungsmittel taugt.

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Die Geschichte lehrt, dass es Gesellschaften umso besser geht, je stabiler die Landeswährung ist. Dass also kenianische Choasverhältnisse (ohne dass wir Kenia hier zu nahe treten möchten) nicht gut sind, um stabil ein Land zu führen und den Menschen Wohlstand, Sicherheit, Freiheit und Frieden zu bringen.

Umgekehrt zeigen Währungen, die extreme Kursschwankungen aufweisen, dass sie meist lediglich das äußere Sinnbild für inneres Chaos in einem Land sind.

Wir befinden uns nach wie vor in der Lernphase

Das soll den Bitcoin nicht verteufeln. Wir befinden uns nach wie vor in der Lernphase, Experimentierphase, Findungsphase.

Ob aber, wie die Internetszene gerne behauptet, das Fernsein des Staates wirklich das Nonplusultra ist, muss derzeit angezweifelt werden.

Der Bitcoinkurs lebt davon, dass er auf Grund von Nachfrage entsteht, die nicht durch eine Art Notenbank reguliert wird, sondern durch private Verkäufer der Währung selber, die auf eine oft kurzfristige Maximierung von Profit aus sind.

Bitcoins werden von Privat zu Privat verkauft zu einem Währungskurs, der in freiem sekündlichem Computerrechenspiel festgelegt wird.

Der viel beschworene Algorithmus des Bitcoins ist derzeit nichts anderes, als eine Art Glücksspielsystem, das immer dann für den Besitzer von Bitcoin-Anteilen mehr Coins rauswirft, wenn gerade besonders viele Gamer in der Spielhalle herumdatteln.

Diese Erfahrungen lassen derzeit nur einen Schluss zu: Sollen Bitcoins und die über 1400 sonstigen Kryptowährungen (eine Übersicht gibt es beispielsweise unter coinmarketcap.de) wirklich als Währung und nicht als eine Art Aktie oder Glücksspiel-Coin fungieren, deren Wert primär daraus resultiert, dass sie selbst die Ware sind, dass sich also alles nur um sie selber direkt dreht, müssten Dinge sich ändern.

Der US-Dollar als Leitwährung ist für viele Länder Segen, für viele aber auch Fluch

Wenn wir also kein Glücksspiel wollen, müssten Kryptowährungen aufgelegt werden, die eben doch zumindest teilweise stärker staatlich im System reguliert werden müssten.

Das heißt: Ein Großteil der Währung müsste durch einen Staat gehalten werden. Dann wären wir aber eben wieder am Anfang von Währungen überhaupt. Also an jenem Punkt, den die Anhänger von Kryptos bislang so vehement ablehnen.

Fakt ist aber auch: Der Dollar als Weltleitwährung, wie er 1944 / 1945 im verschlafen amerikanischen Waldhotel Bretton Woods festgelegt wurde – Stichwort: Bretton-Woods-System – (1), hat bislang auch gezeigt:

Dass der US-Dollar als Welt-Leitwährung natürlich primär die Interessen der westlichen Staaten stützt. Dass dieses Währungssystem aber nicht unbedingt die Interessen der Zweiten Welt und Dritten Welt stützt.

https://youtu.be/vG0UXKstcUo

Videoverweis: „Die Bundesbank im Bretton-Woods-System 1957-1973“, von:
Deutsche Bundesbank, auf: YouTube vom 15. Februar 2017.

Kein Wunder, dass es genau deshalb in den Entwicklungsländern oder Schwellenländern ebenfalls ein sehr großes interesse daran gibt, dass Kryptowährungen dauerhaft sich etablieren können.

Auch die westliche Wirtschaftssanktionspolitik, die sogar so weit geht, dass sie in bestimmten Ländern plötzlich Tausenden Menschen nicht mehr erlaubt, mit Kreditkarten zu bezahlen, hat gezeigt:

Es gibt auch auf dieser Ebene einen Bedarf nach weltweit akzeptierten Zahlungsmitteln, die neben den amerikanisch dominierten weltweit akzeptierten Zahlungssystemen wie Visa, Mastercard, American Express, Paypal, Google Pay oder Apple Pay eingesetzt werden können.

Ob aber alle Wege nach Rom führen, dieser Beweis steht für die derzeitige Form von Kryptowährungen noch aus. Artikelverweis: „Nepperei: Plus500 ungeeignet für den Kauf von Kryptowährungen„.

Einzelnachweise

(1) Bretton-Woods-System, in: Wikipedia.

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