Gleiches Geld für weniger Arbeit. Das testet jetzt Schweden.
Gleiches Geld für weniger Arbeit. Das testet jetzt Schweden.

In Schweden ist eine Diskussion um einen Feldversuch im Örtchen Finspång ausgebrochen. Dort sollen Angestellte in sozialen Berufen, wie Pflegekräfte oder Kindergärtner, nur noch sechs statt acht Stunden am Tag arbeiten.    

Das Experiment wird auf Initiative der Linkspartei, beziehungsweise der Sozialdemokraten im Stadtrat von Finspång durchgeführt. Das Besondere am dem neu eingeführten 6-Stunden-Arbeitstag: Die teilnehmenden Arbeitnehmer erhalten das gleiche Gehalt, wie früher als sie pro Tag acht Stunden arbeiten mussten.

Die Gründe für den 6-Stunden-Arbeitstag sind vielfältig. Zum einen sagt die Stadt, habe man enorme Probleme qualifiziertes Personal für soziale anstrengende Berufe, wie Pflegekräfte oder Kindergärtner zu finden. Alleine die Rekrutierung von Personal sei mittlerweile enorm schwer und kostenintensiv. So unattraktiv sei für viele das Arbeitsumfeld. Ob Kindergärten, Schulen, Altenpflege und Krankenpflege – Personal fehle im schwedischen Örtchen Finspång an allen Ecken und Enden, sagte beispielsweise Lilibet Gustafsson von der Linkspartei im Stadtrat.

Schwedens Männer mögen keine Pflegeberufe

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Hinzu komme, dass sich kaum mehr Männer für Pflegeberufe oder Kindergartenberufe entscheiden würden. So hab es in dem schwedischen Örtchen Finspång Anfang 2015 insgesamt 1610 Mitarbeiter in sozialen Pflegeberufen oder der Kindererziehung gegeben, welche von der Gemeinde, also durch Steuergelder bezahlt würden. Davon seien aber 1389 Frauen gewesen. Das heißt: Dieser berufliche Bereich ist in Schweden so frauenlastig, dass man fast eine Männerquote einführen müsste. Doch scheinen sich Schwedens Männer vor Pflegeberufen oder der Kindererziehung in Kindergärten zu drücken.

Als Grund des Personalmangels in Pflege- oder Erziehungsberufen führt die Linkspartei im Stadtrat an: Viele Mitarbeiterinnen seien erschöpft, gestresst, fühlten sich schlecht. Außerdem sei die Bezahlung schlecht und die Arbeitsbedingungen insgesamt wenig angenehm.

Aus dem Stadtrat von Finspång heißt es nun, wonach es das Hauptziel des Versuchs mit einem 6-Stunden-Arbeitstag sei, zu prüfen, ob sich eine Reduzierung der Arbeitszeit um ein Viertel positiv auf das Personal und Rekrutierung auswirke. So hoffe man auf weniger Fehlzeiten, eine geringere Personalfluktuation und weniger Rekrutierungskosten.

Probe für den 6-Stunden-Tag

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Erstmals wolle man, heißt es, in eineinhalb Jahren, 2017, mit einer Gruppe  von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen den 6-Stunden-Tag erproben. Dabei sei sich der Stadtrat bewusst, dass es am Anfang mehr Geld koste, als die Maßnahme kurzfristig einspiele. Doch mittelfristig, so die Hoffnung, führe es zu einer besseren Personal-Situation und damit auch zu geringeren Ausgaben der Stadt.

Alleine zwischen 2011 und 2014 habe die schwedische Gemeinde Finspång, sagt der Stadtrat, 13,2 Millionen Schwedische Kronen (SEK), also 1,41 Millionen Euro, an Krankengeld für das Pflegepersonal oder Erziehungspersonal der Stadt ausgeben. Insgesamt bezahlte Finspång  im Jahr 2014 für seine angestellten Pflegemitarbeiter oder Kindergärtner 43,9 Mio. SEK , also 4,7 Millionen Euro.

„Finanziell unverantwortlich“

Gleichzeitig gibt es auch Widerstand gegen einen 6-Stunden-Tag in Schweden. So schreibt beispielsweise ein bekannter Kolumnist des Schwedischen Folkbladet: ein 6-Stunden-Tag sei „finanziell unverantwortlich“ und ein durchsichtiges Manöver „im Wahlkampf“.

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Weiter führt er aus: „Um den schwedischen Wohlfahrtsstaat auf dem derzeitigen Niveau zu halten, werden Steuereinnahmen benötigt, die finanziert werden müssen. Mehr Arbeitsplätze, höhere Produktivität und mehr Stunden müssen dafür gearbeitet werden.“

Zudem müsse man erst einmal analysieren, welche wirtschaftlichen und sonstigen Auswirkungen ein 6-Stunden-Tag in Schweden habe. Keinesfalls dürfe „das Niveau des Service in Schulen, der Gesundheitsversorgung und bei den Renten beeinträchtigt werden“.

Allerdings gibt es auch schon positive Erfahrungen. So sagte ein Toyota-Händler in Schweden, wonach der Sechs-Stunden-Tag im Toyota Center in Mölndal ein voller Erfolg gewesen sei. Die Mitarbeiter seien sehr motiviert und produktiver gewesen, als wenn sie acht Stunden arbeiten müssten.

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Von Frank

Frank faszinieren ausgefallene Geschäftsmodelle und Steuersysteme. Neben Russland interessiert er sich besonders auch für die Schweizer Steuermodelle oder jene in Südafrika. Kontakt über: frank.herrmann@steuerratschlag.eu

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