Der Kurfürstendamm gehört zu Berlins Top-Adressen. Doch gibt es auch dort zahlreiche Bausünden.
Der Kurfürstendamm gehört zu Berlins Top-Adressen. Doch gibt es auch dort zahlreiche Bausünden.

Im Ausland angesiedelte Briefkastenfirmen zur Vermeidung von Steuern sind in Deutschland in aller Regel erlaubt und üblich. Voraussetzung ist aber, dass die zuständigen Finanzbehörden darüber in Kenntnis gesetzt werden.

Dennoch sorgen immer noch die in den Panama Papers bekannt gewordenen Nutzer oder Projekte von Briefkastenfirmen in Panama für Schlagzeilen. So auch die in die Jahre gekommene düstere Berliner Einkaufsmeile, das Ku’damm-Karree. Das Karree ist seit Jahren kein Hotspot mehr in der Hauptstadt, kommt aber Dank der Panama Papers jetzt doch noch einmal zur Berühmtheit.

So berichtet der Berliner Tagesspiegel, wonach auch das berühmte Ku’damm-Karree in Berlin angeblich „zur Hälfte einer Firma in Panama“ gehöre. Ein Investorensprecher habe einen entsprechenden Bericht des „Spiegel“ bestätigt. Allerdings verweist die Investorengruppe darauf, dass an der Briefkastenfirma weder etwas illegal noch dubios sei. Vielmehr sei es weltweite Praxis.

Das Ku’damm-Karree war 1974 eröffnet worden. Im Zuge der am Ku’damm vollzogenen städtebaulichen Neugestaltung – vieles ist verschönert und verbessert worden, so auch das Bikini-Haus – war das Ku’damm-Karree kürzlich verkauft worden. Der Tagesspiegel spricht von einer geschätzten Verkaufssumme von rund 150 Millionen Euro.

CELLS Bauwelt GmbH sieht keine Probleme bei der Investoren-Konstruktion

Zum Ku’damm-Karree gehören unter anderem die Komödie am Kurfürstendamm, über deren mögliches Aus in den vergangenen 20 Jahren immer wieder in Medien berichtet worden war. Meist waren Geldnöte die Gründe. Das wenig attraktive Ku’damm-Karree mag seinen Anteil daran haben.

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Neben der Investorengruppe – der Münchner „CELLS Bauwelt GmbH“ – soll eine Firma in Panama ebenfalls 50 Prozent am Karree halten. Allerdings scheint die Beteiligung nicht direkt von Berlin nach Panama zu laufen, sondern – wie ebenfalls weltweit üblich – über andere Zwischenstationen. Die Rede ist von Luxemburg.

Cells Bauwelt scheint sich den Berichten nach im Berliner Ku’damm-Karree nicht direkt eingekauft zu haben, sondern über die Luxemburger Gesellschaft „Mars Propco 1“, welche ihre Anteile angeboten hatte.

Der Verkäufer, der irische Investor Ballymore, hatte Ende 2014 das Ku’damm-Karree an die Münchner Firma Cells Bauwelt weiterverkauft, die das bestehende juristische Konstrukt scheinbar teils belassen hat. Dass das Ku’damm-Karree in Teilen einer Luxemburger Firmenkonstruktion oder Briefkastenfirma gehört, darauf soll nach dem Bericht des Berliner Tagesspiegel bereits früher der Theaterintendant Martin Woelffer hingewiesen haben.

Ballymore ist an zahlreichen Prestige-Bauprojekten beteiligt

Ballymore ist an zahlreichen prominenten Bauprojekten beteiligt. Das Unternehmen führt auf seiner Webseite zum Beispiel aus: Wardian London, Docklands (London, UK), Embassy Gardens, Nine Elms (London, UK), London City Islands (London, UK), Royal Wharf, Royal Docks (London UK), West Hampstead Square, West Hampstead (London, UK) oder das Project Wave, Dublin (Irland).

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Fakt ist aber auch: Das Ku’damm Karree war über die vergangenen 40 Jahre abgenutzt und deutlich sichtbar in die Jahre gekommen. Zum Hotspot gehört das Karree schon lange nicht mehr. Dringend waren Investoren gesucht worden. In Berlin war man froh, als man endlich mit dem Münchner Investor Cells Bauwelt einen Geldgeber gefunden hatte. Cells Bauwelt führt zum Karree aus:

„Aus dem versteckten und verwinkelten Ku’damm Karree wird ein öffentlicher Raum. Visuelle Markanz und Integration in bestehende Substanz – das zeichnet die Formensprache vom Kurfürstendamm 207 aus. Die Architektur fügt sich in die umgebende städtebauliche Struktur ein und setzt zugleich eigene Akzente.

So erhält das bisher ‚versteckte‘ Hochhaus eine neue Sichtbarkeit und einen zusätzlichen Landmarkcharakter durch die neue Fassadengestaltung. Die Öffnung des Blockinnenbereichs schafft einen großzügigen, öffentlichen Stadtplatz mit einer hohen Aufenthaltsqualität, auf dem die Dynamik der Stadt spürbar und zugleich Entspannung und Rückzug möglich sind.“

Die nicht zu Cells Bauwelt gehörenden 50 Prozent-Anteile am Karree sollen laut Tagesspiegel in einer „Mozart Holding Company“ gebündelt sein, welche wiederum zu einer „Dorado Services Company S.A.“ gehöre. Die wiederum sei in Panama angesiedelt. Wer dahinter steht, ist nicht bekannt. Es wird in Medien spekuliert, dass es ein nicht namentlich öffentlich bekannter „privater europäischer Geschäftsmann“ sei.

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Dubiose Gerüchte über russisches Schwarzgeld

Etwas hanebüchen werden dann aber die Unterstellungen des „Spiegel“, der das Gerücht aufgreift, wonach Leute behaupten würden, dass „über das Ku’damm-Karree russische Schwarzgelder gewaschen werden“ sollten.

Mit der Verbreitung von solchen Gerüchten verstößt der „Spiegel“ gegen seine eigenen journalistischen Maßstäbe. Demnach sollen zumindest im Print-Magazin des „Spiegel“ keine Gerüchte veröffentlich werden, wenn es dazu nicht ausreichend wasserdichte Belege gebe.

Hinzu kommt: Jeder größere Unternehmer oder Investor in Deutschland weiß: Gerüchte, die Russen würden sich irgendwo einkaufen, um angeblich illegale Geschäfte zu machen, stammen meist aus dem Reich von Grimms Märchen.

Solche Gerüchte werden faktisch bei jedem größeren Immobiliengeschäft in Deutschland in die Welt gesetzt. Auch im Falle von Firmen, die schnell wachsen, wird gerne behauptet, es würden über sie russische Gelder gewaschen. In 99,99 Prozent der Fälle sind diese Gerüchte falsch und werden gezielt von Konkurrenten in Umlauf gebracht.

Gerüchte rund um angeblich dubiose Bauherren wabern auch bei anderen Berliner Immobilien durch die Stadt. So soll ein Berliner Medienguru sich angeblich in zahlreiche prominente Immobilien eingekauft haben, wird derzeit vielen prominenten Journalisten in der Stadt gesteckt.

Bayerische Landesbank hat geprüft

Die Rede ist von betroffenen Immobilien in Potsdam, aber auch rund um das Brandenburger Tor oder eben am Ku’damm. Auch hier soll der Name des Mediengurus sich hinter komplizierten Konstruktionen verbergen. Gerüchte oder Realität? Nichts genaues weiß man nicht.

Jedenfalls weist der Münchener Investor Cells Bauwelt eine Verbindung zu russischen Oligarchen zurück und damit auch die Unterstellungen der angeblichen russischen Geldwäsche. Cells Bauwelt soll nach dem Tagesspiegel-Bericht ausdrücklich auch darauf hinweisen, dass unter den Investoren für das Berliner Ku’damm-Karree ebenso nicht „die russischen Unternehmer Arkadi und Boris Rotenberg und/oder Unternehmen, in denen einer der beiden oder beide Anteile halten“, seien.

Die Übernahme des Ku’damm Karree war nach Angaben von Cells Bauwelt durch die Bayerische Landesbank (Bayern LB) finanziert worden. Dabei habe die Landesbank die Identität der Aktionäre der luxemburgischen Firma überprüft. Involviert gewesen seien auch internationale Beratungsunternehmen wie Clifford Chance oder PricewaterhouseCoopers (PwC).

Beginnt jetzt das Bau-Theater um das Ku’damm-Karree von vorne?

Ob das modrige und in die Jahre gekommene Ku’damm-Karree jetzt überhaupt noch groß modernisiert und umgestaltet wird, steht angesichts der emotionalen Diskussionen rund um die Panama Papers – veröffentlicht durch eine Netzwerk internationaler Journalisten – in den Sternen.

Schon lässt sich der Charlottenburg-Wilmersdorfer Baustadtrat Marc Schulte (SPD) laut Tagesspiegel mit den Worten zitieren, man habe Cells Bauwelt bislang für das Ku’damm-Karree noch keine Baugenehmigung erteilt. Auch sei man sowieso gegen einen Abriss des dunklen und in die Jahre gekommenen Theaterbaus. Man plädiere für eine Sanierung.

In Hamburg hatte kürzlich der Stadtrat sich mit einem ähnlichen Problem auseinandergesetzt. Dabei war es um vier am südlichen Eingang von Hamburg gelegene hässliche Hochhäuser aus den 1950er Jahren gegangen. Die betroffenen eintönigen City-Hochhäuser am Klosterwall in der Nähe des Hauptbahnhofes verschandeln nach Ansicht vieler den Zugang in Hamburgs Innenstadt.

In Hamburg hat man sich für einen Schnitt bei den hässlichen City Hochhäusern entschieden

Auch wenn die Hamburger CDU und FDP sich teilweise für eine Sanierung der Plattenbauten „City Hochhäuser“ aussprachen, hatten sich die SPD und Grünen doch vor einer Woche im Stadtrat für einen Abriss ausgesprochen. Das Argument: Damit ermögliche man der Stadt Bausünden der Vergangenheit zu korrigieren und Hamburg zu einem freundlicheren Gesicht im Eingang zur Innenstadt zu verhelfen.

Den nun vom Hamburger Stadtrat beschlossenen Abriss der erst im Jahr 2013 in einem seltsamen Verfahren unter Denkmalschutz gestellten City Hochhäuser begründete der Hamburger SPD-Stadtentwicklungsexperte Dirk Kienscherf laut Hamburger Abendblatt mit den folgenden Worten:

„Die schlichten City-Hochhäuser hatten von Anfang an eklatante, funktionale Schwächen, die ursprüngliche Fassade war nicht wetterbeständig und zugig, die Arbeitsbedingungen im Haus äußerst schwierig, die Ladenpassage funktionierte von vornherein nicht.“

Alles Worte, die heute auch auf das Berliner Ku’damm-Karree passen könnten. Doch die Panama Papers scheinen nun alles wieder in Frage zu stellen. Das Nachsehen haben womöglich die Berliner und die Investoren. Denn Berliner lieben das Ku’damm-Karree schon seit vielen Jahren nicht mehr. Die Investoren wiederum könnten letztlich doch noch auf einem Haufen alter verschachtelter wenig erquicklicher Räumlichkeiten sitzen bleiben.

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