Die Versicherungskonzerne beschädigen aus Sicht von Kritikern Riester, da sie zu hohe Kosten abziehen würden und den Steuereffekt damit ad absurdum führten.
Die Versicherungskonzerne beschädigen aus Sicht von Kritikern Riester, da sie zu hohe Kosten abziehen würden und den Steuereffekt damit ad absurdum führten.

Nach dem Willen der Parlamentarische Linken (PL) der SPD solle die steuerliche Förderung der Riesterrente gestrichen werden. Dabei gilt die Riesterrente neben der Rüruprente, der Betrieblichen Altersvorsorge und der klassischen privaten Rentenversicherung als einer von vier zentralen Versicherungs-Bausteinen der privaten Altersvorsorge in Deutschland.

Allerdings ist die Riesterrente, wie die Rüruprente, seit Jahren in der Diskussion: Dabei klingt das Konzept verlockend:

Wer 2.100 Euro in die Riesterrente jährlich einbezahlt, kann bislang das Maximum steuerlicher Förderung für die Riester beantragen – 154 Euro jährlich. Die Kinderzulage für bis Ende 2007 Geborene beträgt 185 Euro jährlich und für nach 2008 geborene Kinder beträgt sie 300 Euro.

Die staatliche Förderung der Riesterrente ist vom persönlichen Einkommenssteuersatz abhängig und davon, wie hoch der Anteil der in die Riesterrente einbezahlten monatlichen Beträge ist. Maximal gefördert werden Beträge bis zu 4% des persönlichen rentenversicherungspflichtigen Jahreseinkommens. Die steuerliche Förderung für private Rentenversicherungen und sonstige Altersvorsorgeprodukte müssen nachgelagert in der Einkommenssteuererklärung beantragt werden. Wer dieses vergisst, erhält keine staatliche Förderung.

Doch nun kündigte die Parlamentarische Linke (PL) der SPD in der Bundestagsfraktion in Berlin an, sie sehe auf Grund der hohen Kostenabzüge und geringen Verzinsungen von privaten Altersvorsorge-Produkten wie der Riesterrente keinen Sinn mehr in einer steuerlichen Förderung – dies gelte zunächst zumindest im Falle von Riester. Ob dieses auch für die Rüruprente oder die Betriebliche Altersvorsorge nach Ansicht der PL gilt, dazu äußerte sich die PL in der SPD bislang nicht öffentlich.

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Die steuerliche Förderung von Riesterrenten ist der Parlamentarischen Linken (PL) der SPD vor allem deshalb ein Dorn im Auge, da diese von Versicherungen und Versicherungsmaklern als zentrales Verkaufsargument genutzt wird. Doch heben sich die attraktiv klingenden steuerlichen Effekte dadurch wieder auf, da die Versicherungen teils sehr hohe Kosten abziehen. So ist es keine Seltenheit, dass beispielsweise bei Rürup selbst nach sieben Jahren der einbezahlten Beträge nur noch rund 50% der einbezahlten Beträge überhaupt auf dem Guthabenkonten der Versicherungsnehmer sind.

Das restliche Geld haben sich die Versicherungen als angeblich notwendige „Kosten“ entnommen. Besonders ärgerlich für Sparer ist dabei, dass gerade die ersten Jahre der einbezahlten Geldbeträge die wichtigsten sind. Sie erhalten nämlich unter normalen Umständen über den Zinseszinseffekt die beste langjährige Verzinsung.

Versicherungsmakler behaupten gerne, es sei ein Vorteil, wenn in den ersten Jahren von den einbezahlten Beträgen fast nichts für den Versicherungsnehmer angelegt werde

Versicherungsmakler reden aber Versicherungsnehmern gerne ein, wonach es angeblich „sehr gut“ sei, dass in den ersten Jahren nicht viel der einbezahlten Beträge auch der Rentenversicherung gutgeschrieben wird, da der Versicherungsnehmer so angeblich den Vorzug genieße, dass alle Kosten in den ersten Jahren abgezogen würden.

Doch was verschwiegen wird: Die Versicherungen machen es sich damit sehr einfach. Stoppt nämlich ein Versicherungsnehmer die Einzahlung von Beträgen auf Grund schlechter Performance der Versicherung, haben die Versicherungen dennoch bereits die angeblichen „Kosten“ für die gesamte Laufzeit – also beispielsweise 30 oder 40 Jahre – abgezogen und einbehalten. Das gilt selbst für den Fall, dass ein Sparer auf Grund von schlechter Performance schon nach sieben oder acht Jahren seinen Vertrag auf „ruhend“ stellt.

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steuerratschlag.eu liegt der Fall einer von MLP vermittelten Rüruprente des in zahlreiche Gerichtsverfahren verwickelten Versicherers Clerical Medical vor. Hier waren in rund sieben Jahren fast 50% der einbezahlten Beträge als „Kosten“ von Clerical Medical abgezogen wurden.

Nun hat der Sparer den Vertrag erst einmal ruhend gestellt, da ihm die abgezogenen Kosten und die schlechte Verzinsung gegen den Strich liefen. Doch die verbleibenden rund 3700 Euro möchte Clerical Medical nicht zurückbezahlen. Grund: Der deutsche Gesetzgeber verbiete es, eine private Altersvorsorge wie Rürup vorzeitig an den Versicherungsnehmer auszubezahlen. Der Versicherungsnehmer Peter L. (Name geändert) sagte gegenüber steuerratschlag.eu:

„Ich bin mit der bei Clerical Medical über MLP vermittelten Rüruprente extrem unzufrieden. Zum einen sehe ich Kostenabzüge in den ersten sieben Jahren von fast 50% in meinem Fall. Zum anderen schickte mir Clerical Medical erst nach mehrmaligen Anfragen eine detaillierte Übersicht, wie viel ich überhaupt über die Jahre einbezahlt habe.“

Wie hoch netto die abgezogenen Kosten sind, müsste der Versicherer zwar nach Gesetzeslage mitteilen, doch habe er dieses im Falle von Peter L. aus seiner Sicht „nicht ausreichend“ getan: „Ich habe bislang nur irgendwelche Prozentwerte gesehen. Das bedeutet: Ich müsste mir das selber ausrechnen, was aber schwierig ist, da ja hoffentlich auch eine Verzinsung erreicht worden ist. Doch wie hoch die ist oder ob es eine Negativ-Verzinsung ist, darüber kann ich auch nur spekulieren. Clerical Medical hat mir das nicht transparent mitgeteilt.“

Würden Riester oder Rürup die steuerlichen Vorteile genommen werden, könnten – so das Kalkül der SPD-Linken – die Versicherungskonzerne und Makler den angeblich so effektiven Steuereffekt nicht mehr als Verkaufsargument nutzen. Das hieße: Die Anlage könnte wesentlich transparenter werden als heute und auch fairer.

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Abschaffung oder grundlegende weitere Reform der privaten Altersvorsorge in Deutschland

Eine Alternative wäre eine grundlegende Reform. Hierzu könnte gehören, dass transparent dargestellt wird, wie hoch die Kosten pro Anlagejahr sein dürfen, die von den Versicherungskonzernen abgezogen werden dürfen. Vor allem müsste die hohe „Kosten“-Entnahme in den ersten Jahren komplett verboten werden.

Auch könnte neu geregelt werden, wie die als Kosten entnommenen Gelder darzustellen sind – und zwar zusätzlich jährlich in absoluten Zahlen und nicht nur in kaum verständlichen Prozentwerten. Hinzu könnte eine gesetzliche Vorgabe kommen, die vorschreibt, dass jährlich per Brief (nicht nur per E-Mail) der Versicherungsnehmer Auskunft darüber erhält, wie hoch die Verzinsung der angelegten Beträge in Prozent und absolut pro Jahr überhaupt war.

Die steuerliche staatliche Förderung war auch gegenüber Peter L. als ausschlaggebendes Argument genannt worden, weshalb er sich von MLP die Clerical Medical Rüruprente vermitteln ließ. „Heute muss ich sagen, dass ich mich mit den angeblichen steuerlichen Vorteilen komplett über den Tisch gezogen fühle und auch betrogen. Es ist ein Skandal, dass nach sieben Jahren sparen nur rund die Hälfte der an Clerical Medical von mir überwiesenen Beträge meiner Altersvorsorge gutgeschrieben werden“.

Private Altersvorsorge gilt in Deutschland als unerlässlich. Grund: Die staatlichen Renten sind in Deutschland sehr niedrig. So liegt die durchschnittlich in Westdeutschland, also den „Alten Bundesländern“ ausbezahlte monatliche Rente bei 713 Euro. Im Schnitt kommen dabei die Frauen auf eine monatliche Rente von 579 Euro, die Männer auf 952 Euro. In Ostdeutschland liegt die durchschnittlich ausbezahlte Rente monatlich bei 839 Euro (Männer 985, Frauen 763 Euro). Weitere Hintergründe hier klicken.

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Von Elke

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